In der forschenden Wissenschaft herrscht mittlerweile Einigkeit darüber, dass Depressionen in den allermeisten Fällen nicht nur durch eine einzelne Ursache begünstigt werden, sondern dass verschiedene Faktoren zusammenkommen müssen, die in ihrer Gesamtheit zu einer depressiven Erkrankung führen können.
Genetische Veranlagung
Wissenschaftler*innen haben schon früh festgestellt, dass es in manchen Familien zu Häufungen bezüglich depressiver Erkrankungen kommt. Dies legt den Verdacht nahe, dass eine genetische Veranlagung zu depressiven Verstimmungen in die Wiege gelegt werden könnte. Laut Forschungen besteht bei Kindern aus einer mit Depression vorbelasteten Familie eine 30% höhere Wahrscheinlichkeit, dass auch sie im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken. Es steht bisher allerdings noch nicht fest, welche Gene bzw. Gensequenzen dafür verantwortlich sind. Die genetische Veranlagung alleine bedeutet aber nicht, dass eine Depression unvermeidbar ist.
Neurobiologische Störungen
Das menschliche Gehirn ist ein höchst komplexes System, das nicht nur den Körper steuert, sondern auch Signale des Körpers auswertet und reagiert und auf neurochemischer Ebene auch unser Gefühlsleben, unsere Stimmung und unser Wohlbefinden maßgeblich beeinflusst. Bei vielen von Depression betroffenen Menschen lässt sich eine Störung des Stoffwechsels im Gehirn feststellen.
Neurochemisches Ungleichgewicht / zerebrale Stoffwechselstörung
Forschende haben herausgefunden, dass bei vielen betroffenen Patient*innen der Spiegel bestimmter Botenstoffe im Gehirn von dem Spiegel “gesunder” Approbant*innen abweicht. Dabei handelt es sich um die Neurotransmitter Dopamin, Serotonin und Noradrenalin, die in der richtigen Konzentration für eine ausgeglichene Stimmung unabdingbar sind. Bei an Depression erkrankten Menschen ist die Menge an diesen Neurotransmittern so signifikant reduziert, dass als therapeutische Massnahme in der Regel wiederaufnahmehemmende Medikamente verabreicht werden.
Veränderte Aktivität im limbischen System
Das limbische System - bestehend aus Hypothalamus, Hippocampus und Amygdala - ist hauptverantwortlich für unsere rudimentären Gefühle wie Angst, Liebe, Wut und Lust. Bei an Depressionen erkrankten Menschen konnte festgestellt werden, dass z. B. der Hypothalamus vielfach verkleinert ist. Es wurde außerdem erforscht, dass depressive Menschen mit einer traumatisch vorbelasteten Kindheit einen Hirnstoffwechsel aufweisen, der von erhöhter und permanenter Alarmbereitschaft zeugt. Dieser permanente Fight or Flight-Modus ist wie eine permanente Entzündungsreaktion, die sich aufs Gehirn, auf den gesamten Organismus und auf die Persönlichkeit auswirken kann.
Fazit: Diese Faktoren begünstigen eine höhere Vulnerabilität des betroffenen Menschen im Vergleich zu unbelasteten Personen. Ebenfalls dazu zählen bestimmte Entwicklungs- und Persönlichkeitsmerkmale (z. B. der frühe Verlust eines Elternteils, traumatische Erlebnisse, bestimmte Konstellationen im sozialen Umfeld und während des Heranwachsens um nur einige wenige zu nennen), die eine spätere Depression begünstigen.
Treffen zudem auslösende Faktoren auf die körperliche Prädisposition für eine depressive Erkrankung, dann sind die Weichen für eine depressive Erkrankung gestellt.
Akute Belastungen
Es gibt Situationen und Lebensumstände, die jeden Menschen aus der Bahn werfen können. Der Tod von engen Vertrauten, gravierende Krankheiten, unerwünschte und einschneidende private oder berufliche Entwicklungen, die Liste ist lang. Manche Menschen überstehen solche Situationen und Zeiten besser als andere, sie sind resilienter. Aber gerade bei Personen mit einer genetischen, psychischen oder entwicklungsbedingten Veranlagung für Depressionen können diese Belastungen eine depressive Erkrankung auslösen wie der berüchtigte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.